Pflichtteil: Rechte beim Nachlassverzeichnis

28.08.2025, Autor: Herr Thorsten Post / Lesedauer ca. 2 Min. (8 mal gelesen)
Pflichtteilsberechtigte können vom Erben ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen. Doch sie dürfen nicht selbst bei den Ermittlungen des Notars dabei sein oder Einblick in dessen Unterlagen nehmen – das hat das OLG München klargestellt.

Warum gibt es das notarielle Nachlassverzeichnis?

Wer enterbt wurde oder weniger als den gesetzlichen Erbteil erhält, hat Anspruch auf den Pflichtteil. Damit dieser Anspruch berechnet werden kann, muss der Pflichtteilsberechtigte die Größe und den Wert des Nachlasses kennen. Reicht das einfache Verzeichnis des Erben nicht aus oder bestehen Zweifel an dessen Richtigkeit, kann nach § 2314 BGB ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangt werden. Dieses soll eine unabhängige, neutrale Erhebung des Nachlasses sicherstellen und Streit vermeiden.

Was hat das OLG München entschieden?

Im entschiedenen Fall verlangte ein Pflichtteilsberechtigter, bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses anwesend zu sein und die vom Notar gesammelten Unterlagen (z. B. Kontoauszüge, Verträge) selbst einzusehen. Das OLG München hat dies ausdrücklich abgelehnt. Der Notar erstellt ein Verzeichnis als eigene Tatsachenbescheinigung. Wie er zu seinen Erkenntnissen gelangt, ist allein seine Aufgabe. Der Pflichtteilsberechtigte erhält nur das fertige Ergebnis, nicht aber Einsicht in alle Unterlagen und Ermittlungsschritte.

Welche Rechte bestehen dennoch?

Auch wenn Pflichtteilsberechtigte nicht „über die Schulter“ schauen dürfen, sind sie nicht schutzlos. Der Notar muss den Nachlass umfassend ermitteln, bei Banken anfragen, Grundbücher einsehen und Beteiligte anhören. Kommt er seinen Pflichten nicht nach oder bleibt das Verzeichnis erkennbar lückenhaft, kann der Pflichtteilsberechtigte die Ergänzung oder ein neues Verzeichnis verlangen. Außerdem kann er eine eidesstattliche Versicherung des Erben beantragen, dass das Verzeichnis vollständig ist.

Welche Grenzen gelten?

Das Urteil macht deutlich: Das notarielle Nachlassverzeichnis ist kein gemeinsames Ermittlungsverfahren, sondern ein offizielles Dokument, das vom Notar verantwortet wird. Pflichtteilsberechtigte haben kein Anwesenheits- oder Einsichtsrecht bei den Ermittlungen. Auch Unterlagen, die der Notar nutzt, müssen nicht automatisch offengelegt werden. Das kann enttäuschend wirken, ist aber gesetzlich so vorgesehen. Der Schutz liegt darin, dass der Notar unabhängig handelt und seiner Amtspflicht unterliegt.

Praktische Tipps für Betroffene

Pflichtteilsberechtigte sollten wissen, dass ihr Anspruch auf Auskunft nicht grenzenlos ist. Wer Zweifel an der Vollständigkeit hat, sollte:

  • ein notarielles Verzeichnis ausdrücklich verlangen,
  • auf die Ergänzung bei erkennbaren Lücken bestehen,
  • notfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Erben wiederum sollten beachten, dass das notarielle Verzeichnis für sie eine Chance ist, Transparenz zu schaffen und langwierige Streitigkeiten zu vermeiden.

Fazit
Das OLG München stärkt die Rolle des Notars als neutralen Ermittler. Pflichtteilsberechtigte haben Anspruch auf ein sorgfältig erstelltes Nachlassverzeichnis – aber nicht auf unmittelbare Teilnahme oder Einsicht in die Unterlagen. Wer seine Rechte kennt, kann den Pflichtteilsanspruch dennoch effektiv sichern.

                                                                               Rechtsanwalt Thorsten Post

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