Angst um's liebe Geld?

16.10.2017, Autor: Herr Bernfried Rose / Lesedauer ca. 2 Min. (125 mal gelesen)
Wer Verfolgungswahn hat, kann möglicherweise ein wirksames Testament zugunsten seines Detektivs nicht errichten.

Wann die Grenze zum krankhaften Wahn erreicht ist konkretisieren die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt nun in einer neuen Entscheidung. Denn wenn der Verstorbene bei Errichtung seines Testaments nicht testierfähig ist, etwa weil er geistig verwirrt ist, ist sein letzter Wille – auch ohne dass er angefochten wird - ungültig. 


Achtung bei der Erbenwahl! 

Gestritten wird um das Erbe einer Frau, die zu Lebzeiten an der Angst litt, bestohlen zu werden. Die Kläger, entfernte Verwandte der Erblasserin, behaupten vor Gericht, diese Angst sei so stark gewesen, dass sie einer schon krankhafte Wahnvorstellung entsprochen habe. Die Frau stellte daher einen Detektiv ein, der ihr Haus mit mehreren Kameras ausstattete und für sie detektivisch tätig wurde. Dabei erhielt er von der Frau einen mittleren fünfstelligen Betrag als Bezahlung.

Nun ist es aber außgerechnet dieser Detektiv, der nach dem Testament der verstorbenen Witwe alles erben soll. Hat er die Angst der Frau ausgenutzt? Dass sie nach lebenslanger Angst vor Dieben post mortem von ihrem Detektiv um ihr Geld gebracht werden könnte, entbehrt doch einer gewissen Ironie nicht. Doch wie im Nachhinein feststellen, dass die Frau testierunfähig war? 

Was heißt schon "verrückt"? 

Es beginnt mit den Worten: “Mein Testament!“ und endet mit dem Zusatz “Die Verwandtschaft soll nichts mehr erben.“ Beim Lesen des Testaments fühlt man sich aufgrund der verwendeten Ausrufezeichen ein wenig angeschrien. Da sind die Verwandten natürlich sofort auf den Barrikaden und vor Gericht gezogen. Das Nachlassgericht verneinte aber zunächst die Ansprüche der Kläger.

Die Richter argumentierten: Ein Verfolgungswahn der Testierenden lasse nicht automatisch darauf schließen, dass die Verstorbene beim Verfassen des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Vielmehr könne sie auch in einem sogenannten „lichten Moment“ gehandelt haben. Das ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts aber fehlerhaft. 

Krankhaft oder noch normal? 

Eine Testierfähigkeit sei vielmehr dann ausgeschlossen ist, wenn die Motive des Erblassers für die Errichtung des Testaments mit seinem konkreten Inhalt auf einer krankheitsbedingten Unfreiheit beruhen. Denn wenn jemand wegen seiner Krankheit nicht mehr in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein Urteil zu bilden, sei seine Entscheidung eben nicht mehr “frei“. Wann aber ist ein solcher Wahn krankhaft? Auch dazu nehmen die Richter Stellung:

Dass ein kurzzeitiger lichter Moment eines sonst Kranken vorliegt, könne aber so lapidar nicht angenommen werden, sondern sei die absolute Ausnahme. Wenn eine Abkoppelung von Erfahrung, Logik und kulturellem Konsens vorliegt und ein Verlust von Kritik- und Urteilsfindung gegeben ist. Schließlich müssen gerade diese Wahnvorstellungen auch auf die Frage der Erbeinsetzung Einfluss haben. Die Kriterien sind natürlich nachträglich in der Praxis schwer beweisbar.

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Autor dieses Rechtstipps

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