Tierhaltung in der Eigentümergemeinschaft: Flexiblere Regelungen durch Mehrheitsbeschluss
13.11.2024, Autor: Herr Norbert Monschau / Lesedauer ca. 2 Min. (150 mal gelesen)
Hausordnung der Eigentümergemeinschaft: Tierhaltungsverbot kann aufgehoben werden
Ein generelles Tierhaltungsverbot in einer Eigentümergemeinschaft kann durch einen späteren Beschluss aufgehoben und durch Einschränkungen bei der Tierhaltung ersetzt werden. Dabei muss die neue Regelung in der Hausordnung die Interessen aller Eigentümer in einer ausgewogenen Weise berücksichtigen. Es ist jedoch nicht möglich, bei der Beschlussfassung auf jede einzelne Besonderheit einzugehen (LG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 1 S 126/22).
Im August 2021 fassten die Eigentümer mehrheitlich den folgenden mit der Anfechtungsklage angegriffenen Beschluss: „Die Eigentümergemeinschaft ermächtigt und beauftragt die Verwaltung mit der Änderung der Hausordnung (von 2004) unter Ziff. 6 wie folgt: Die Haltung von Haustieren ist nicht generell verboten, allerdings ist jeder Wohnungseigentümer in demjenigen Fall, dass er Haustiere hält, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie in den Außenanlagen, im Haus sowie in der Tiefgarage nicht frei herumlaufen sowie die im Sondernutzungsrecht stehenden Anteile, sämtliches Sondereigentum, Wohnungen und Gartenanteile anderer Wohnungseigentümer nicht betreten können“.
§ 11 der Teilungserklärung aus 1992, wonach diese nur mit einer Dreiviertelmehrheit aller tatsächlich vorhandenen Stimmen geändert werden kann, sei nicht einschlägig, so das LG. 1992 gab es die Hausordnung aus 2004 noch nicht; sie wurde auch nicht Bestandteil der Grundakten. Die Teilungserklärung verweise auf einen Text außerhalb ihrer selbst. Dadurch werde das Ziel der Verweisung aber nicht Inhalt der Teilungserklärung und bekomme auch nicht die Qualität einer Vereinbarung. Sie könne nicht nur durch eine Vereinbarung geändert werden. Ein unangefochten gebliebener und bestandskräftiger Eigentümerbeschluss, der die Gemeinschaftsordnung geändert habe (sog. Zitterbeschluss), könne durch einfachen Mehrheitsbeschluss wieder aufgehoben werden (OLG Stuttgart 9.2.01, 8 W 54/98; OLG Karlsruhe 31.5.00, 11 Wx 96/99). Genau dies sei durch den angefochtenen Zweitbeschluss geschehen. Daher fehlte 2021 auch nicht die Beschlusskompetenz, den Zweitbeschluss zur Änderung des ggf. „vereinbarungsersetzenden“ Beschlusses von 2004 zu fassen. Soweit keine vorrangige Vereinbarung existiere, hätten die Eigentümer bei der Ausgestaltung, Aufstellung und Änderung einen Ermessensspielraum. Dieses Ermessen bestehe nicht zum „Ob“ einer Aufstellung, sondern nur hinsichtlich des „Wie“ der Art und des Umfangs der Ausgestaltung der Hausordnung. Mit dem angefochtenen Beschluss kehre die Hausordnung zum gesetzlichen Leitbild zurück. Das Ermessen der Gemeinschaft habe sich nicht „auf Null“ reduziert. Es bestand daher keine Pflicht, das alte Verbot aufrechtzuerhalten.
Unser Praxishinweis: Es ist nicht möglich, bei der Beschlussfassung jede individuelle Besonderheit zu berücksichtigen. Würde von der Gemeinschaft verlangt, sämtliche Interessen einzelner Eigentümer, die für oder gegen eine Tierhaltung sprechen, vollständig zu beachten, wäre eine Einigung faktisch unmöglich oder zumindest erheblich erschwert. Betroffene Eigentümer können aber andere Eigentümer auf Unterlassung der Tierhaltung verklagen, wenn sie ihre Rechte (z. B. Gesundheit, Vertrauensschutz) beeinträchtigt sehen.
Ein generelles Tierhaltungsverbot in einer Eigentümergemeinschaft kann durch einen späteren Beschluss aufgehoben und durch Einschränkungen bei der Tierhaltung ersetzt werden. Dabei muss die neue Regelung in der Hausordnung die Interessen aller Eigentümer in einer ausgewogenen Weise berücksichtigen. Es ist jedoch nicht möglich, bei der Beschlussfassung auf jede einzelne Besonderheit einzugehen (LG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 1 S 126/22).
Im August 2021 fassten die Eigentümer mehrheitlich den folgenden mit der Anfechtungsklage angegriffenen Beschluss: „Die Eigentümergemeinschaft ermächtigt und beauftragt die Verwaltung mit der Änderung der Hausordnung (von 2004) unter Ziff. 6 wie folgt: Die Haltung von Haustieren ist nicht generell verboten, allerdings ist jeder Wohnungseigentümer in demjenigen Fall, dass er Haustiere hält, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie in den Außenanlagen, im Haus sowie in der Tiefgarage nicht frei herumlaufen sowie die im Sondernutzungsrecht stehenden Anteile, sämtliches Sondereigentum, Wohnungen und Gartenanteile anderer Wohnungseigentümer nicht betreten können“.
§ 11 der Teilungserklärung aus 1992, wonach diese nur mit einer Dreiviertelmehrheit aller tatsächlich vorhandenen Stimmen geändert werden kann, sei nicht einschlägig, so das LG. 1992 gab es die Hausordnung aus 2004 noch nicht; sie wurde auch nicht Bestandteil der Grundakten. Die Teilungserklärung verweise auf einen Text außerhalb ihrer selbst. Dadurch werde das Ziel der Verweisung aber nicht Inhalt der Teilungserklärung und bekomme auch nicht die Qualität einer Vereinbarung. Sie könne nicht nur durch eine Vereinbarung geändert werden. Ein unangefochten gebliebener und bestandskräftiger Eigentümerbeschluss, der die Gemeinschaftsordnung geändert habe (sog. Zitterbeschluss), könne durch einfachen Mehrheitsbeschluss wieder aufgehoben werden (OLG Stuttgart 9.2.01, 8 W 54/98; OLG Karlsruhe 31.5.00, 11 Wx 96/99). Genau dies sei durch den angefochtenen Zweitbeschluss geschehen. Daher fehlte 2021 auch nicht die Beschlusskompetenz, den Zweitbeschluss zur Änderung des ggf. „vereinbarungsersetzenden“ Beschlusses von 2004 zu fassen. Soweit keine vorrangige Vereinbarung existiere, hätten die Eigentümer bei der Ausgestaltung, Aufstellung und Änderung einen Ermessensspielraum. Dieses Ermessen bestehe nicht zum „Ob“ einer Aufstellung, sondern nur hinsichtlich des „Wie“ der Art und des Umfangs der Ausgestaltung der Hausordnung. Mit dem angefochtenen Beschluss kehre die Hausordnung zum gesetzlichen Leitbild zurück. Das Ermessen der Gemeinschaft habe sich nicht „auf Null“ reduziert. Es bestand daher keine Pflicht, das alte Verbot aufrechtzuerhalten.
Unser Praxishinweis: Es ist nicht möglich, bei der Beschlussfassung jede individuelle Besonderheit zu berücksichtigen. Würde von der Gemeinschaft verlangt, sämtliche Interessen einzelner Eigentümer, die für oder gegen eine Tierhaltung sprechen, vollständig zu beachten, wäre eine Einigung faktisch unmöglich oder zumindest erheblich erschwert. Betroffene Eigentümer können aber andere Eigentümer auf Unterlassung der Tierhaltung verklagen, wenn sie ihre Rechte (z. B. Gesundheit, Vertrauensschutz) beeinträchtigt sehen.