Neue Regeln für Inhalte von Arbeitsverträgen ab 01.08.2022 (insb. im Nachweisgesetz) – auch für bereits bestehende Arbeitsverträge

07.08.2022, Autor: Frau Tanja Fuß / Lesedauer ca. 4 Min. (1294 mal gelesen)
Neue Regeln für Inhalte von Arbeitsverträgen ab 01.08.2022 (insb. im Nachweisgesetz) – auch für bereits bestehende Arbeitsverträge

Neue Regeln für Inhalte von Arbeitsverträgen ab 01.08.2022 (insb. im Nachweisgesetz) – auch für bereits bestehende Arbeitsverträge

Umsetzung EU-Richtlinie zu Arbeitsbedingungen:

Zum 01.08.2022 ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, das eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 zu Arbeitsbedingungen umsetzt und zu zahlreichen praxisrelevanten Änderungen im Arbeitsrecht führt. Die Änderungen betreffen insbesondere das Nachweisgesetz, aber auch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG), das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Gewerbeordnung (GewO). Wesentlicher Inhalt der Richtlinie ist, dass Arbeitnehmer schriftlich über die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Arbeitsverhältnisses informiert werden sollen.

Mindestinhalte für Arbeitsverträge (Neuregelung Nachweisgesetz):

Die wesentlichen Arbeitsbedingungen müssen schriftlich niedergelegt werden. Eine Niederlegung in elektronischer Form genügt nicht. Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des Nachweisgesetzes sind Ordnungswidrigkeiten und können mit einer Geldbuße von jeweils bis zu 2.000 Euro geahndet werden.

Bei neuen Arbeitsverhältnissen müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen am ersten Arbeitstag, am 7. Kalendertag nach Beginn des Arbeitsverhältnisses bzw. einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt werden. Die konkrete Frist hängt davon ab, um welche Arbeitsbedingung es sich handelt.

Bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen müssen die Arbeitsbedingungen nur ausgehändigt werden, wenn der Arbeitnehmer dies fordert, und zwar innerhalb von 7 Kalendertagen bzw. einem Monat ab Zugang einer entsprechenden Aufforderung durch den Arbeitnehmer.

Änderungen von wesentlichen Arbeitsbedingungen müssen dem Arbeitnehmer spätestens an dem Tag in Schriftform mitgeteilt werden, ab dem sie gelten.

bisherige Mindestinhalte in Arbeitsverträgen:

Bereits bisher mussten folgende Arbeitsbedingungen mitgeteilt werden:

-          Name und Anschrift von Arbeitgeber und Arbeitnehmer

-          Beginn des Arbeitsverhältnisses

-          bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Dauer der Befristung

-          Arbeitsort

-          Charakterisierung oder Beschreibung der Tätigkeit

-          Zusammensetzung und Höhe des Gehalts einschließlich Zuschlägen, Zulagen, Prämien usw.

-          Arbeitszeit

-          Anzahl der Urlaubstage

-          Kündigungsfristen

-          Hinweis auf anzuwendende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen

Vom 1. August 2022 an kommen die folgenden Punkte hinzu:

neue Mindestinhalte in Arbeitsverträgen:

-          bei befristeten Arbeitsverhältnissen: konkretes Enddatum

-          falls zutreffend: Hinweis auf Möglichkeit zur freien Wahl des Arbeitsortes

-          falls vereinbart: Dauer der Probezeit (max. 6 Monate)

-          die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen

-          Vergütung von Überstunden (in Freizeit, in Geld, Abgeltung einer bestimmten Anzahl von Überstunden mit dem Gehalt, etc.)

-          Fälligkeit der Vergütung u. Art der Auszahlung

-          vereinbarte Ruhepausen (Pausen während der Arbeit) und Ruhezeiten (Ruhezeit zwischen Ende der Arbeit und erneutem Beginn der Arbeit)

-          bei Schichtarbeit: Angaben zum Schichtsystem, Schichtrhythmus und Schichtänderungen

-          bei Abrufarbeit: genaue Angaben zur Ausgestaltung

-          ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung

-          falls betriebliche Altersversorgung zugesagt: Name und Anschrift des Versorgungsträgers

-          das bei Kündigung einzuhaltende Verfahren, zumindest das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfrist und die Frist zu Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Ein Verweis auf die entsprechende Regelung im Tarifvertrag bzw. der Betriebsvereinbarung reicht aus. In Bezug auf die Anzahl der Urlaubstage und das Verfahren bei Kündigungen ist ein Verweis auf die gesetzlichen Regelungen zulässig.

Angaben nicht zwingend im Arbeitsvertrag:

Das Nachweisgesetz schreibt nicht vor, dass die Angaben im Arbeitsvertrag gemacht werden müssen. Ein Arbeitsvertrag kann daher nach wie vor mündlich abgeschlossen werden, auch wenn dies aus Gründen der Beweisbarkeit der getroffenen Vereinbarungen nicht empfehlenswert ist. Ausreichend zur Erfüllung des Nachweisgesetzes ist eine schriftliche Mitteilung des Arbeitgebers über die im Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen, also eine vom Arbeitgeber unterschriebene Auflistung. Eine Gegenzeichnung durch den Arbeitnehmer per Unterschrift ist nicht nötig.

erweiterte Dokumentationspflichten bei Auslandseinsatz:

Bei Sachverhalten, bei denen Arbeitnehmer länger als 4 Wochen im Ausland arbeiten oder bei denen der Auslandsaufenthalt eine Entsendung von Arbeitnehmern im Bereich Dienstleistungen darstellt, gibt es ab sofort erweiterte Dokumentationspflichten.

Änderungen bei Arbeitnehmerüberlassung, Befristung und Teilzeit:

Entleiher müssen künftig einem Leiharbeitnehmer, der seit mindestens sechs Monaten an ihn überlassen ist und der ihm in Textform den Wunsch nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrages angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform (z.B. E-Mail) mitteilen.

Gleiches gilt, wenn ein befristet beschäftigter oder ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in Textform den Wunsch auf Veränderung seines Arbeitsverhältnisses anzeigt.

Umsetzung neue Anforderungen durch Arbeitgeber:

Arbeitgeber müssen sich daher nun überlegen, wie sie die neuen Anforderungen rechtssicher und zugleich praktikabel umsetzen: bei bereits bestehenden Arbeitsverträgen, bei der Änderungen von bestehenden Arbeitsverträgen (z.B. Lohnerhöhung) und bei neuen Arbeitsverträgen.

Probleme können sich dabei insbesondere auch daraus ergeben, dass der Gesetzgeber nicht festgelegt hat, was genau der Arbeitgeber bei den einzelnen Regelungspunkten angeben muss.

Folgen für künftige Kündigungsschutzklagen:

Bei künftigen Kündigungsschutzklagen dürfte sich insbesondere die Frage stellen, welche Folgen eine verspätete Klage des Arbeitnehmers (also nach Ablauf von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung) hat, wenn der Arbeitgeber nicht oder nicht richtig über die Klagefrist informiert hat.

Empfehlung:

Bei Fragen rund um die neuen Vorgaben und deren Umsetzung bzw. bei sonstigen Fragen zu einem Arbeitsverhältnis oder einem Arbeitsvertrag – egal ob als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber und unabhängig davon, ob es um eine Kündigung, eine Abmahnung, ein Zeugnis, Gehalt, Urlaub oder Überstunden geht –, rufen Sie einfach an oder schreiben eine E-Mail und vereinbaren einen Termin für eine individuelle Beratung – egal ob in unserer Kanzlei in Stuttgart, telefonisch, per Zoom bzw. MS Teams oder per E-Mail.

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