Widerrufsausschluss bei Matratzenkauf im Internet?

18.09.2017, Autor: Herr Bernd Fleischer / Lesedauer ca. 2 Min. (112 mal gelesen)
Bei einer Klage auf Einräumung des Verbraucherwiderrufsrechts für eine Matratze vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zeichnet sich nun eine Vorlage der Streitfrage zum Europäischen Gerichtshof an.

Händler beruft sich auf Ausschluss wegen entfernte Schutzfolie

Grundlage für die Vorlage zum EuGH ist der Rechtsstreit eines Deutschen gegen einen Online-Handel. Dort hatte der Mann eine Matratze gekauft und wollte diese, nach Enterfernen der Schutzfolie, zurückgeben.
Der Handel verweigerte die Rücknahme mit der Begründung, dass aufgrund der entfernten Schutzfolie bei einem Hygieneprodukt ein Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgeschlossen ist. Bei der Matratze handele es sich um ein solches Hygieneprodukt und sei damit nicht zu einer Rückgabe bei entfernter Folie geeignet.
Gesetzliche Grundlage für den Ausschluss des Widerrufsrechts bildet eine deutsche Vorschrift aus dem eCommerce-Recht, dass bei versiegelten Waren die Rückgabe ausschließt.
Matratze ist ein Hygieneprodukt?

Auf Grundlage der deutschen Regelung stellten sich für die Richter zwei wesentliche Fragen: Welche Anforderungen sind an eine Versiegelung zu stellen und wie weit soll der Widerrufsausschluss aus hygienischen Gründen reichen? Und handelt es sich bei einer Matratze wirklich um ein Hygieneprodukt?

Grundlage der nationalen Regelung im Recht für den Onlinehandel ist – wie so oft – eine europäische Verbraucher-Richtlinie.
Die EU-Kommission hatte zwar Auslegungshilfen zu der Richtlinie herausgegeben. Daraus ergibt sich aber insbesondere, dass im Einzelfall Ausnahmen zu dem generellen Widerrufsausschluss gemacht werden können, zum Beispiel bei „Auflegematratzen“.
Der BGH hat nun deutlich gemacht, dass er nur auf Grundlage der Auslegungshilfen nicht eindeutig feststellen kann, ob im vorliegenden Fall eine Ausnahme vom Widerrufsausschluss greift oder nicht. Es sei nicht ersichtlich, wie die Richtlinie unionsrechtskonform auszulegen sei.
Daher erhoffen sich die Richter nun eine Klärung der Rechtslage durch eine Vorlage an den EuGH- auch für andere Fallkonstellationen als die vorliegende.
Vorabentscheidungsverfahren der Europäischen Union

Grundlage für die Möglichkeit zur Vorlage an den EuGH ist das sogenannte Vorabentscheidungsverfahren. Kommt es in einem nationalen Verfahren zur Frage der Auslegung von Unionsrecht, können die Richter diese Frage vorlegen und erhalten dann eine einheitlich gültige Auslegung durch die Richter am EuGH. Das Vorabentscheidungsverfahren ist somit eine Art Auslegungs- und Gültigkeitskontrollinstanz.

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Autor dieses Rechtstipps

Rechtsanwalt
Dr. Bernd Fleischer

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