Hürden für Stornoabwehrmaßnahmen - gute Nachrichten für Versicherungsvertreter

02.09.2012, Autor: Herr Guido Lenné / Lesedauer ca. 2 Min. (2048 mal gelesen)
Wechselt ein Versicherungsvertreter die Versicherungsgesellschaft, erreicht ihn regelmäßig bald darauf die Mitteilung seiner alten Versicherungsgesellschaft, dass nach Vertragsstornierungen von Kunden ein erhebliches Minus auf dem Provisionskonto aufgelaufen ist.

Wir sagen, wie Sie richtig reagieren.

Wechselt ein Versicherungsvertreter die Versicherungsgesellschaft, erreicht ihn regelmäßig bald darauf die Mitteilung seiner alten Versicherungsgesellschaft, dass nach Vertragsstornierungen von Kunden ein erhebliches Minus auf dem Provisionskonto aufgelaufen ist. Nicht selten wird dieses in Höhe von fünfstelligen Beträgen beziffert.

Auf Nachfragen bei der früheren Versicherungsgesellschaft heißt es dann regelmäßig, es sei das Erforderliche und gesetzlich Gebotene getan worden, um Vertragsstornierungen zu vermeiden. Die Übersendung von Stornogefahrmitteilungen an den Vertreter erfolge nur bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen. Sobald der Vertreter nicht weiter für das Unternehmen tätig sei, bestehe keine Verpflichtung mehr, ihn von der Stornogefahr zu unterrichten. Im Übrigen würden die Handelsvertreter für die Bestandsbetreuung selbstverständlich sorgfältig ausgewählt. Die vertraglichen Aufgaben umfassten bekanntermaßen die Bestandspflege sowie die Stornovermeidung. Durch Einsetzen qualifizierter Nachfolger erfülle die Gesellschaft ihre Aufgabe zur Stornovermeidung.

Solche Schreiben von Versicherungsgesellschaften an ihre früheren Vertreter enden häufig nicht ohne dem Vertreter noch in Aussicht zu stellen, dass selbstverständlich offene Forderungen klageweise beigetrieben werden.

Ganz so einfach wie Versicherungsgesellschaften sich es hier machen wollen, ist es aber offenbar nicht. Der Bundesgerichtshof hat die Anforderungen an Stornoabwehrmaßnahmen aktuell in seiner Entscheidung vom 28.06.2012, Az. VII ZR 130/11, mit einigen Hürden versehen.

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast zur ordnungsgemäßen Nachbearbeitung stellt der BGH fest:

Den Versicherer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrags vorgenommen hat.

Eine ausreichende Darlegung, die auch vorgerichtlich erwartet werden kann, fehlt dem vorgerichtlichen Forderungsschreiben der Versicherungsgesellschaften regelmäßig. Beweismittel werden nur äußerst selten benannt.

Zur Stornovermeidung durch Nachfolger ausgeschiedener Versicherungsvertreter heißt es im Urteil des BGH:

Zu Unrecht meint die Revision, dass es für eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge durch den Versicherer genüge, wenn dieser dem Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters Stornierungsgefahrmitteilungen übermittelt. …

Sieht der Versicherer von einer Stornogefahrmitteilung an den bisherigen Versicherungsvertreter ab und nimmt er sein Recht wahr, andere Maßnahmen zu ergreifen, müssen diese nach Art und Umfang ausreichend sein. Insoweit kann der Versicherer zwar auch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters mit der Nachbearbeitung beauftragen. … Allerdings weist die Revisionserwiderung zu Recht darauf hin, dass die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Bestandsnachfolger keine ausreichende Maßnahme ist. Ein auch darauf gerichtetes Wahlrecht des Versicherers gibt es - anders als die Revision meint - nicht und ist in der Rechtsprechung auch nicht gebilligt worden. Denn der Bestandsnachfolger wird den Schwerpunkt seiner Tätigkeit aus Gründen des eigenen Provisionsinteresses darauf setzen, Neuverträge abzuschließen und nicht dem Provisionsinteresse seines Vorgängers dienen wollen ... . Daher muss der Versicherer weiteren Vortrag zur konkreten Nacharbeit durch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters oder zur Aussichtslosigkeit der Nacharbeit halten.


Daran hatte es die klagende Gesellschaft laut Urteil fehlen lassen. So verhält es sich nach unserer Erfahrung derzeit auch häufig in der vorgerichtlichen Korrespondenz. Konkreter und beachtlicher Vortrag zu behaupteten Stornoabwehrmaßnahmen fehlt regelmäßig.

Wenn Ihnen ein Forderungsschreiben Ihrer früheren Gesellschaft zugeht, lassen Sie sich nicht verunsichern und fordern Sie eine konkrete Darlegung der zur Stornovermeidung ergriffenen Maßnahmen.

Gerne stehen wir zur Verfügung, falls Sie Hilfe benötigen.


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