Pech für Griechenland-Gläubiger: EZB haftet nicht

24.06.2019, Autor: Herr Guido Lenné / Lesedauer ca. 3 Min. (214 mal gelesen)
Wegen ihrer Stellungnahme zum Schuldenschnitt für Griechenland forderten einige Privatanleger Schadensersatz von der EZB für Verluste, die sie bei der Umschuldung älterer griechischer Staatsanleihen gemacht haben. Doch das Gericht der Europäischen Union sah dafür keine Rechtsgrundlage. Die Klage wurde abgewiesen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) haftet nicht für die Verluste von Privatanlegern, die ihnen aus dem Zwangsumtausch griechischer Staatsanleihen entstanden sind. Eine diesbezügliche Klage verschiedener Anleihe-Investoren wurde vom Gericht in Luxemburg abgewiesen. Nach Meinung der Richter hätten die Investoren dem 2012 von der EZB beschlossenen Tausch der Schuldtitel zwar nicht zugestimmt, doch habe es sich dabei nicht um einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Eigentumsrechte gehandelt.

Im Rahmen der Schulden- und Finanzkrise war es zu einem erheblichen Rettungsprogramm für die Regierung in Athen gekommen. Im Jahr 2012 hatte Griechenland dann einen Schuldenschnitt beschlossen. Den Inhabern griechischer Staatsanleihen wurde der Umtausch in neue Papiere angeboten – mit einem Abschlag von 50 Prozent des Nennwerts. Dabei wurden auch solche Gläubiger zum Umtausch gezwungen, die dem nicht freiwillig zugestimmt hatten. Wie die Medien berichteten, sollten Privatanleger so rund 37 Milliarden Euro zur Rettung des verschuldeten Staates beitragen.

EZB nickte Schuldenschnitt ab

Im Februar 2012 gab die EZB eine Erklärung ab, in der sie den Schuldenschnitt durch die griechische Regierung billigte. Sie betonte einerseits, wie wichtig es sei, die finanzielle Stabilität aller europäischer Mitgliedsstaaten aufrechtzuerhalten. Andererseits verwies die EZB aber darauf, dass die griechische Regierung die alleinige Verantwortung dafür trage, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die letztlich ihre Schuldentragfähigkeit gewährleisten würden.

Zu guter Letzt wurde der Schuldenverzicht mit über 90 Prozent der Gläubigeranteile beschlossen. Für außenstehende Anleihebesitzer eine schwache Rechtsposition, denn die meisten griechischen Staatsanleihen wurden nach inländischem Recht begeben. Einige Anleger suchten daraufhin nach einer anderen Adresse für einen möglichen Schadensersatz und reichten Klage gegen die EZB ein.

Vorwurf: enteignender Eingriff

Die Kläger hielten den Schuldenschnitt für rechtswidrig und warfen der Europäischen Zentralbank einen „enteignenden Eingriff“ vor. Aufgrund ihrer Stellungnahme sahen sie die EZB in der Pflicht, ihnen die Schäden zu ersetzen. Ihr Ansprüche begründeten sie damit, dass es die EZB unterlassen habe, deutlich auf die Verletzung von Grundrechten hinzuweisen, unter anderem auf den Grundsatz, dass geschlossene Verträge einzuhalten seien.

Nach Ansicht der Kläger hätte die Europäische Zentralbank Griechenland darauf hinweisen müssen. Da sie dies nicht getan habe, sei die EZB für den Wertverlust haftungspflichtig.

Bei den Klägern handelt es sich um ein Consulting-Unternehmen, eine Bank und 2 Privatpersonen. Mit knapp 2,4 Millionen Euro zzgl. Zinsen stellte die Bank die höchste Forderung.

Staatliche Schuldtitel stets risikobehaftet

Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg war anderer Meinung und sprach sich zugunsten der Europäische Zentralbank aus. Die EZB sei nicht verpflichtet, die Belange einzelner Anleger zu vertreten. Die Kläger hätten außerdem mit Verlusten rechnen müssen, da Investitionen in staatliche Schuldtitel stets mit dem Risiko eines Vermögensschadens verbunden seien.

Das Gericht war der Meinung, dass „die Herabsetzung des Wertes der streitigen Schuldtitel in Bezug auf den verfolgten Zweck keinen unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff darstellte.“ Denn ohne den Umtausch wäre es wahrscheinlich zu einem erheblichen Schaden für das Gemeinwohl gekommen. Außerdem hätten die Käufer damit rechnen müssen, dass die Staatsanleihen mit Risiken behaftet sind, da sie die Papiere schließlich zu einer Zeit gekauft hätten, als die Krise bereits eingetreten war.

Nun haben die Kläger noch die Möglichkeit, eine Instanz weiter zum Europäischen Gerichtshof zu gehen. Ich werde Sie zur weiteren Entwicklung auf dem Laufenden halten. Sollten Sie als Anleger von diesem Fall betroffen sein und Fragen zur rechtlichen Situation haben, stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht gerne für eine juristische Beratung zur Verfügung.


Autor dieses Rechtstipps

Rechtsanwalt
Guido Lenné

Anwaltskanzlei Lenné

Weitere Rechtstipps (149)

Anschrift
Max-Delbrück-Straße 18
51377 Leverkusen
DEUTSCHLAND

Telefon:
Nummer anzeigen
Kontakt

Bitte verwenden Sie zur Kontaktaufnahme bevorzugt dieses Formular. Vielen Dank!



captcha



zum Kanzleiprofil von
Rechtsanwalt Guido Lenné