Bankmanager haftet nicht für „fiktiv“ hinterzogene Steuern seiner Kunden

23.04.2013, Autor: Herr Hartmut Göddecke / Lesedauer ca. 2 Min. (1221 mal gelesen)
Wer anderen bei einer Steuerhinterziehung hilft, ist für den dadurch entstandenen Steuerschaden verantwortlich. Dieses Prinzip ist gesetzlich klar geregelt und gilt auch, wenn der Helfende keinen eigenen Vorteil für sich durch die Tat erzielt hat. Ob dieses auch für Bankmanager zutrifft, wenn die Steuerhinterziehung von Bankkunden zwar wahrscheinlich, aber nicht 100 %-ig sicher ist, hatte der Bundesfinanzhof im Januar 2013 zu entscheiden. Er legte sich auf die Faustformel fest: Im Zweifel zu Gunsten des Bankmanagers.

Das internationale Netzwerk der Bank wurde in dem Fall, den die obersten Finanzrichter am 13.01.2013 zu entscheiden hatten, genutzt, um Wertpapiere am Fiskus vorbei ins Ausland zu verlagern. Die Kunden nutzten dabei einen nicht zulässigen Trick, den die Bank ihnen anbot. Die Wertpapiere wurden anonym über die Grenze auf Konten von Auslandstöchtern des Bankhauses transferiert.

In der Folge konnte nicht mehr mit 100 %-iger Präzision nachvollzogen werden, welcher Kunde der Bank ganz konkret hinter diesen verschleierten Transaktionen steckte. Auch Bargeldbeträge wurden so auf ausländische Dependancen der Bank geschleust.

Wie sich bei Ermittlungen des Finanzamtes herausstellte, nutzten mehrere tausend Kunden diese Anonymität, um Steuern aus Zins- und Dividendenerträgen zu verbergen. Finanzfahnder konnten im Nachherein etwa 75 % der Vorgänge einzelnen Bankkunden zuordnen und stellten dabei fest, dass fast keiner der enttarnten Kunden die Erträge steuerlich angeben hatte.

Das Finanzamt wollte allerdings noch weitere Steuerforderungen vermeintlich unerkannt gebliebener Steuersünder realisieren – gegen einen aus ihrer Sicht verantwortlichen Bankmanager. Von dem führenden Mitarbeiter der Bank, der als Leiter der Wertpapieradministration bei der Bank angestellt war, wurde das System der anonymen Transfers zu den Auslandstöchtern der Bank mit organisiert; ihn sah das Finanzamt als Helfer zur Steuerhinterziehung an.

Auf Basis der Daten rechnete das Finanzamt hoch: Etwa 640 nicht entdeckte Nutzer dieses anonymen Geldverkehrs sollten demnach für etwa 304 Mio. DM Wertpapiere ins Ausland bewegt haben. Die Finanzbeamten berechneten daraus einen fiktiven Steuerschaden von rund 2,3 Mio. DM auf Basis ihrer Hypothesen.

Die Absage der Münchener Finanzrichter an das Finanzamt war deutlich. Nur wenn ganz klar eine Steuerstraftat nachgewiesen wird und der Steuerschaden auf Heller und Pfennig genau ermittelt werden kann, haftet auch der Helfer eines Steuerdeliktes. Kann das Finanzamt diesen Nachweis nicht führen, so darf es keine Zahlung verlangen.

Das Urteil bringt die Steuerbehörden auf den Boden des Grundgesetzes zurück. Hypothetische Steuerberechnungen auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeiten reichen nicht aus, um überhaupt einen Steueranspruch – gegen den angeblich anonymen Steuersünder – zu begründen und in der Folge auch nicht, um das Haftungsnetz auf Dritte zu erweitern.

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